Es ist ein noch immer gängiges Klischee: Während andere Sportregeln intuitiv für jeden auf der Hand liegen, gibt es beim Abseits noch immer das komische Gefühl, dass das etwas für Experten ist. Dabei ist die Regel im Grunde kaum komplizierter als die, dass das Runde in das Eckige soll, aber naja…
Wofür gibt es die Abseitsregel?
Der Platz ist sehr groß, und die Spieler müssen 90 Minuten lang darauf hin- und herlaufen, immer darauf bedacht, den Ball ans andere Ende zu bringen, ohne ihn zu verlieren. Wäre es nicht praktisch, wenn einer der Stürmer sich darauf spezialisieren würde, dauerhaft am anderen Ende zu bleiben, und in der Nähe des gegnerischen Tors auf einen langen Pass zu warten, den er dann nur noch kurz ins Tor kicken müsste?
Das ware dann aber kein Stürmer mehr, sondern ein Torsteher, und die Abwehr müsste den wohl irgendwie decken, und am Ende wäre im schlimmsten Fall das ganze Spiel ein anderes, mit statischen Positionen anstelle von spannenden Manövern. Darum ist das verboten und heißt Abseits.
Wie schreibt man jetzt eine Regel, die dieses Verhalten verhindert? Sie muss hauptsächlich mit Positionen zu tun haben, und ein bisschen mit dem Zusammenspiel.
Die Regeln
Man kann den Spielern nicht verbieten, nah am Tor zu sein, in das sie schießen wollen, und es ist auch gar nicht klar, ab welcher Nähe das Herumlungern ein Problem wäre. Also definiert man das anders: Man verbietet Spielern, näher an dem gegnerischen Tor zu sein, als die Gegner und der Ball. Genauer: Die letzten beiden Gegner, von denen einer normalerweise der Torwart ist, weshalb also eigentlich der letzte Abwehrspieler auf dem Feld maßgebend ist.
Warum spielt der Ball dabei eine Rolle?
Damit man weiterhin, mit dem Ball vor den Füßen, bis ganz nach vorne dribbeln kann, denn das gehört zum Spiel. Ein Spieler ist theoretisch also dann im Abseits, wenn er ohne Ball hinter den Gegnern steht.
Diese Regel hat natürlich zufolge, dass die Linie, hinter der sich die Spieler nicht aufhalten sollten, eine unsichtbare ist, die sich mit den Abwehrspielern der Gegner verschiebt, und die zu bewachen Aufgabe des Linienrichters ist. Der wird dadurch gerne mal zum Spielverderber, wenn ein im Grunde doch hart erkämpftes Tor am Ende knapp Abseits war.
Im Laufe der Zeit hat es bei den Feinheiten der Regeln Unterschiede gegeben, aber im Groben ist das jetzt schon das ganze Geheimnis.
Die Details
Etwas komplizierter wird es nur, weil es für diese Regel dann wieder ein paar Feinheiten gibt. Das ist notwendig, damit nicht ständing Situationen entstehen, die als Abseits gelten würden. Es sind also eigentlich nur Einschränkungen, damit das Spiel nicht zu sehr beeinträchtigt wird:
- Das Abseits wird nur dann bestraft, wenn der Spieler aktiv in das Geschehen eingreift. Das heißt, wer nur aus Versehen ins Abseits gerät, kann einfach wieder zurück laufen, darf aber weder einen Pass annehmen, noch einen Gegner behindern.
- Eine weitere Einschränkung ist die, dass es das Abseits nicht in der eigenen Spielhälfte gibt. Falls die gegnerische Abwehr wirklich so weit vorrückt, ist sie selber schuld.
- Das Abseits entscheidet sich in dem Moment, in dem der Ball gespielt wird. Wird der Ball zuerst in Richtung Tor geschossen, und läuft ein Spieler erst danach in das Abseits hinein, um den Ball anzunehmen, ist das kein Abseits, sondern ein guter Sprint.
- Abseits gibt es nicht, wenn Spieler den Ball direkt bei Einwurf, Eckball oder Torabstoß erhalten. Es geht um das Spiel der Mannschaft untereinander, nicht um diese Situationen, in denen das Spiel unterbrochen wurde.
Sinn oder Unsinn
Viele haben ihre Zweifel daran, dass diese Regel wirklich notwendig ist und gehen davon aus, dass die Spieler ihre Strategie nicht grundlegend ändern würden, wenn es sie nicht gäbe. Wissen könnte man das aber nur, wenn man die Regel wirklich einmal abschaffen und den Dingen ihren Lauf lassen würde, denn grundsätzlich passen sich Sportarten durchaus an ihr Regelwerk an und entwickeln sich entsprechend. Ein schönes Beispiel dafür ist eine Strategie, die sich ganz speziell aus der Abseitsregel ergeben hat: Die Abseitsfalle – mehr dazu in unserem nächsten Beitrag.